Das Ausbaggern des Seitenarms auf der Rettbergsaue ist nun schon lange ein leidiges Dauerbrennerthema im Ortsbeirat Schierstein. Inzwischen hat es bekanntlich auch die Stadtverwaltung bzw. die Stadtversammlung erreicht.
Nachdem – entgegen zunächst anderslautender Auskünfte des Oberbürgermeisters – geklärt werden konnte, dass auf der Aue definitiv ausgebaggert werden darf, geht es nun darum:
Wer zahlt?
Wer zahlt bzw. wer zahlen kann, hängt aber ganz entscheidend von der Frage ab:
Was kostet es?
Tja, und das scheint eher eine Glaubens- als eine Wissensfrage zu sein. Und weil Glauben viel mit (Heiligem?) Geist zu tun hat, geistert seit Wochen eine enorme Summe durch die Stadt, die angeblich für das Ausbaggern anfallen soll:
Fette 150.000 Euro?!?
Quelle hierfür ist aber nicht etwa ein konkretes schriftliches Angebot – oder sogar mehrere – sondern (so wurde es auf der Ortsbeiratssitzung in Schierstein am 5. Juni 2024 berichtet):
Eine telefonische Auskunft, die ein Verwaltungsmitarbeiter bei einer Wasserbaufirma einholte.
Das hört sich doch mal nach einer seriösen und belastbaren Recherche an! Oder etwa nicht?
Eine Erklärung dafür, warum das vor etwa anderthalb Jahren durchgeführte Ausbaggern rund um Stege im Schiersteiner Hafen dem Vernehmen nach nur ein Bruchteil hiervon gekostet haben soll, gibt es nicht. Und darüber scheint sich auch – außer im Schiersteiner Ortsbeirat – niemand zu wundern. Obwohl der Aushub aus dem Hafenbecken gesondert und teuer entsorgt werden musste, was auf der Rettbergsaue übrigens gar nicht notwendig wäre.
Also hantiert die Stadtpolitik – und die Verwaltung – weiter mit der telefonisch erfragten Summe von 150.000 Euro. Die einen nehmen (wegen oder dank der Summe) eine Abwehrhaltung ein: Können wir nicht zahlen! Die anderen mühen sich (löblich aber vermutlich aussichtslos) ab, doch noch irgendwo das Geld aufzutreiben.
Aber die eigentliche Frage, die stellt irgendwie keiner mehr:
Was kostet es denn nun wirklich?
Es ist fast wie mit des Kaisers neuen Kleidern, die alle bewundern müssen, weil der Kaiser fest davon überzeugt ist, dass er sie trägt, obwohl er pudelnackt vor seinem Volk steht. Es ist halt der Kaiser und da braucht man ja nicht zu fragen, ob er vielleicht nackt ist (obwohl man es sieht). Er wird schon Recht haben.
Und bestimmt ist auch die immense Summe von 150.000 Euro für eine Arbeit, die das THW noch vor wenigen Jahren gegen einen Kasten Bier und ein paar warme Worte an einem Wochenende durchgeführt hat, total realistisch.
Oder sollte vielleicht doch mal jemand nach einem schriftlichen Angebot fragen. Nein lieber nicht! Das wäre ja, als würde jemand rufen: „Könnte es sein, dass der Kaiser nackt ist?“
Christina Kahlen-Pappas