Vier Jahre ist es nun her, dass die Wiesbadener Stadtverordnetenversammlung in ihrer Sitzung am 17. September 2020 einen Bebauungsplan für den Schiersteiner Osthafen beschloss. Doch inzwischen ist es sehr still geworden um den Osthafen und das, obwohl es der Stadt im Jahr 2020 gar nicht schnell genug gehen konnte mit der Durchsetzung des Bebauungsplans.
Selbst der klare Widerstand aus dem Ortsbeirat Schierstein, der sich zwar erst spät formierte, aber dann doch zur geschlossenen Ablehnung der Pläne in der vorgelegten Form führte, prallte im September 2020 an den meisten Standverordneten ab. Nur 19 stimmten dagegen, eine enthielt sich und wenige erkrankten oder verließen die Sitzung kurz vor der Abstimmung.
Jedenfalls ist seit dem 17. September 2020 politisch der Weg frei für ein großangelegtes Bauprojekt, das den Charakter des Schiersteiner Hafens mit einer teils fast hochhaushohen (8 Etagen) und geschlossenen Bürobebauung massiv verändern sollte. Sollte, denn gebaut wurde bisher nur ein kleinerer von insgesamt vier Gebäudekomplexen, die SCHUFA-Erweiterung ganz am westlichen Rand des Baufeldes.
Ein Zustand, der fast dem Kompromiss nahekommt, den Zukunft Schierstein (damals noch nicht im Ortsbeirat) einige Wochen vor dem Beschluss zum Bebauungsplan in einem Flyer vorgelegt hatte:
Vorschlag war, dass die SCHUFA ihren Erweiterungsbau errichten könne, aber das restliche Grundstück als öffentliche Grünfläche und die Promenade als Erholungsgebiet weiter entwickelt werden – so wie es ein bis zum 17. September 2020 noch gültiger Bebauungsplan von 1980 mit dem Namen „Spazierweg Osthafen“ seit Jahrzehnten vorsah.
Doch diesen Bebauungsplan und den Willen hier Grünflächen anzulegen, hat die Stadt mit dem neuen Bebauungsplan im September 2020 abgelegt. Der Grundstückseigentümer, die Wiesbadener Stadtentwicklungsgesellschaft SEG, rodet den verbleibenden „Baugrund“ nun regelmäßig und hat ihn im Sommer 2024 mit einer Kette abgesperrt. Eine Maßnahme, die nicht unbedingt darauf schließen lässt, dass hier kurzfristig erneut die Bagger rollen und Baukräne einen weiteren Bürokomplex hochziehen.
Derweil ist auf der Homepage der SEG nur noch ein recht kurzer Text zum „Projekt Osthafen“ angezeigt. Ein Hochglanzexposé (SEG_Expose-Osthafen), das offenbar Investoren mit diversen Modellansichten der Bürogebäude locken sollte, ist dort nicht mehr abrufbar.
Die Umsetzung der im Exposé dargestellten bis zu achtstöckigen Gebäudekomplexe aus Glas und Beton am Osthafen blieb Schierstein bislang erspart. Die Gründe dafür und wie es perspektivisch am Osthafen weitergehen soll, sind der Öffentlichkeit nicht bekannt, obwohl unter anderem genau zu diesen Fragen bereits seit zwei Jahren ein Antrag des Ortsbeirats Schierstein bei der Stadt vorliegt – und bis heute (18. September 2024) nicht beantwortet wurde.
Das Jubiläum „4 Jahre Bebauungsplan Osthafen“ ist darum eines das vermutlich bei Befürwortern und Gegnern der geplanten Bebauung für gemischte Gefühle sorgen dürfte: Keiner von ihnen hat das jeweilige Ziel erreicht, aber für beide Seiten besteht noch die Möglichkeit dazu.