Neue Planungen zu Schulneubauten in Schierstein
Bildquelle: Google Maps, Markierungen: Zukunft Schierstein

Das in Schierstein umstrittene und vom Ortsbeirat bisher befürwortete Projekt der Zusammenlegung von Hafenschule und Erich Kästner-Schule (EKS) am selben Standort wird von der Stadt Wiesbaden nicht weiter verfolgt. Dies und weitere Neuigkeiten erfuhr die Initiative „Zukunft Schierstein“ bei einem Gespräch mit Vertretern der Stadt am Dienstag, den 21. Januar 2020. Die geänderten Planungen für den Neubau beider Schulen wurden am 4. März 2020 in der Sitzung des Ortsbeirats Schierstein vorgestellt. 

EKS-Gelände ist zu klein für die “große Lösung”

Mit “neuen Anforderungen an das Raumprogramm der Schulen” begründeten Vertreter des Stadtplanungs- und des Schulamtes, dass nun Erich Kästner- und Hafenschule doch nicht am selben Standort neu gebaut werden sollen. Auf dem gut 14.000 qm großen jetzigen Grundstück der EKS zwischen Zehntenhof- und Kleinaustraße ist nicht genug Platz für eine Haupt- und Realschule, eine Grundschule und eine Sporthalle. Die “neuen Anforderungen” hätten nur mit einer massiven baulichen Verdichtung umgesetzt werden können. Der sogenannte Schulcampus hätte sich dann mitsamt Sporthalle nicht – wie in § 34 Baugesetzbuch vorgeschrieben –„in die Eigenart der näheren Umgebung” eingefügt. Im Umkehrschluss, wäre das „Ortsbild“ wohl „beeinträchtigt“ worden.

Keine zusätzlichen Entwicklungsmöglichkeiten für die Schulen am EKS-Standort

Vertreter des Schulamts verwiesen außerdem darauf, dass für beide Schulen keine Entwicklungsmöglichkeit mehr bestanden hätte, wenn die Schulen zusammen auf einem Grundstück „gerade so passend“ untergebracht worden wären. Man hätte dann z.B. auf steigende Schülerzahlen nicht mehr reagieren können. Ein Problem, auf das die „AG Hafenschule“ – unter anderem in einer Bürgersprechstunde Ende August 2018 den damaligen Oberbürgermeister Gerich – deutlich hingewiesen hatte.

Siehe auch hier:  

Hafenschule soll auf das Gelände der EKS umziehen – zusätzlich Wohnbebauung geplant

Die neuen Planungen der Stadt sehen nun vor, nur die Hafenschule als dreizügige Grundschule auf dem unteren Teil des EKS-Geländes, angrenzend an den Spielplatz Söhnleinanlage, zu bauen. Dafür sollen von den derzeit 14.000 qm Schulgrundstück der EKS allerdings nur 5.500 qm für die Hafenschule zur Verfügung gestellt werden. Die weitaus größere Fläche des jetzigen EKS-Schulgeländes von mehr als 8.000 qm soll (angrenzend an das Wohnquartier Rheingau-Palais) für Wohnungsbau genutzt werden.

Aktuell stehen der Hafenschule an ihrem Standort neben der Christophoruskirche 4.200 qm Schulgrundstück plus 2.000 qm auf der als Außen-/Spielgelände nutzbaren Schulwiese zur Verfügung.

Schulwiese an der Hafenschule

Hafenschule könnte in bestehendes EKS-Hauptgebäude einziehen

Nicht im Detail besprochen wurde bei dem Termin am 21. Januar, dass die Hafenschule voraussichtlich keinen kompletten Neubau erhält. Hierzu heißt es in Bezug auf das jetzige EKS-Gelände in einem Bericht des Wiesbadener Kuriers vom 23. Januar 2020: “Die Pavillons würden abgerissen, das neuere Gebäude am südlichen Grundstücksrand könnte von der Hafenschule mitgenutzt werden.”

Dieses “neuere Gebäude” ist das derzeitige Hauptgebäude der EKS, in dem auch deren Verwaltung untergebracht ist. Es stammt laut der 2014er-Machbarkeitsstudie – wie die Pavillons – aus dem Jahr 1970, wurde aber vor etwa 15 Jahren unter anderem einer PCB-Sanierung und einer Brandschutzertüchtigung unterzogen. Es befinde sich daher “für die Nutzung in einem guten Zustand. Allerdings sind die Außenwände und die Dachfläche sehr schlecht wärmegedämmt”, heißt es in der Machbarkeitsstudie.

Neubau von EKS und Sporthalle auf dem Acker neben dem Sportplatz

Für den Neubau und die komplette Verlagerung der EKS soll die Ackerfläche neben dem Sportplatz des 1. FSV Schierstein 08 an der Söhnleinstraße herhalten. Auf diesem Grundstück soll – so die Vorstellung im Sportamt – zusätzlich eine Vierfeld-Sporthalle errichtet werden. Ob dies finanzierbar ist, oder doch „nur“ eine Dreifeld-Sporthalle gebaut werden kann, sei noch nicht sicher. Schule und Sporthalle sollen über die Söhnleinstraße erschlossen werden. Zu den notwendigen PKW-Stellplätzen und den geplanten Zuschauerplätzen in der Sporthalle gab es noch keine Angaben. 

Die Hafenschule wird im Zuge dieser Planungen voraussichtlich keine neue eigene Sporthalle erhalten. Sie wird entweder weiterhin die alte Halle am bisherigen Standort neben der Christophoruskirche nutzen oder sich die neue Vier- bzw. Dreifeld-Sporthalle mit der EKS teilen. Die derzeitige EKS-Sporthalle werde nicht mehr zur Verfügung stehen und vermutlich abgerissen.

Sporthalle der Hafenschule in der Zehntenhofstraße

Neues Plangebiet liegt in Trinkwasserschutzzone

Bevor diese Pläne in die Tat umgesetzt werden können, muss die Stadt allerdings noch einige Hürden nehmen. Zwar stehen alle Flächen, die hierfür notwendig wären, im Eigentum der Stadt, ohne eine Änderung des Flächennutzungsplans und ohne Bebauungsplan kann die Erich Kästner-Schule ihren Standort jedoch nicht auf die jetzige Ackerfläche verlagern. Hinzukommt, dass der Acker direkt an das Landschaftsschutzgebiet angrenzt und in der Trinkwasserschutzzone II liegt. Dies bedeute Restriktionen für eine mögliche Bebauung, über die sich die Stadt derzeit mit dem Regierungspräsidium und Hessenwasser verständige. Grundsätzlich seien aber die Signale da, dass eine Bebauung des Ackers möglich ist. Das gelte auch für die weitere Einschränkung, dass die mögliche Bebauung auf dem Acker in Überschwemmungs- bzw. Risikogebiete hineinreichen könnte. 

Der Acker, auf dem die EKS gebaut werden könnte, liegt in der (blauen) Trinkwasserschutzzone II.
Quelle: http://gruschu.hessen.de/mapapps/resources/apps/gruschu/index.html?lang=de

Beide Schulen müssen nun komplett neu planen

Die beiden Schiersteiner Schulen wurden – laut Informationen aus dem Schulamt – bereits vor einigen Wochen aufgefordert, anhand dieser neuen Planungen, ihre Raumprogramme für die neuen Schulbauten zu überarbeiten. Beide Schulen hatten bereits 2018 Raumprogramme vorgelegt, die auf die Zusammenlegung der Haupt- und Realschule mit der Grundschule ausgerichtet waren. Nun geht es darum für jede Schule separate Planungen vorzulegen. 

Noch keine konkreten Ideen für jetzigen Standort der Hafenschule

Konkrete Überlegungen, was aus dem dann – wohl frühestens in vier Jahren – leeren Standort der jetzigen Hafenschule werden soll, gebe es noch nicht. Jedenfalls „stadtteilbezogene Nutzungen“ sollten dort realisiert werden, hieß es, und auch Altenwohnungen sind weiterhin für den Standort im Gespräch. 

Schiersteiner Bürger wurden am 4. März informiert

Der ebenfalls anwesende Schiersteiner Ortsbeiratsvorsitzende Urban Egert sagte zum Ende des Gesprächs zu, dass die beschriebenen Pläne zu den Schulneubauten in der Ortsbeiratssitzung am 4. März 2020 vom Stadtplanungsamt vorgestellt werden. Damit alle interessierten Schiersteiner Bürgerinnen und Bürger dabei sein können, werde die Sitzung in einen größeren Raum verlegt. 

Neue Pläne warn am 30. Januar 2020 auch Thema im Schulausschuss

Die Rathausfraktion Linke & Piraten Wiesbaden hatte für die Sitzung des Ausschusses für Schule, Kultur und Städtepartnerschaften am 30. Januar 2020 einen Antrag gestellt, in dem der Magistrat um einen Bericht zum Sachstand der Planungen für Hafenschule und Erich Kästner-Schule gebeten wurde.

Der Antrag ist hier abrufbar:

Zusammenlegung der Schulen war umstritten

Der Ortsbeirat hatte seit Jahren die Lösung favorisiert, beide Schulen am jetzigen Standort der Erich Kästner-Schule neu zu bauen. Erst 2017/2018 stieß er mit dieser Forderung auf Gehör bei der Stadt. Die Zusammenlegung der beiden Schulen war in Schierstein zwar umstritten, laut einer Machbarkeitsstudie aus dem Jahr 2014 aber möglich.

Hätten schon Anfang 2018 Zweifel bestehen müssen, ob beide Schulen und eine Sporthalle auf das EKS-Gelände passen?

Die Machbarkeitsstudie errechnete 2014 für den Bau der beiden Schulen und einer Sporthalle einen Platzbedarf von 9.500 qm. Die “neuen Anforderungen an das Raumprogramm” haben nun dazu geführt, dass ein Flächenbedarf von 16.000 qm für beide Schulen besteht (das EKS-Gelände ist nur 14.000 qm groß), erklärten die Vertreter der Stadt im Gespräch mit Zukunft Schierstein. Eventuell hätte man schon vor genau zwei Jahren bezweifeln und neu berechnen müssen, ob das Gelände der EKS überhaupt groß genug für das Projekt ist. Das trifft zumindest dann zu, wenn der zusätzliche Platzbedarf mit dem bereits Anfang 2018 veröffentlichten neuen Musterraumprogramm für Grundschulen zusammenhängt. Das wurde schon am 25. Januar 2018 als Anlage zur Sitzungsvorlage 18-V-40-0001 in den Schulausschuss und am 7. Februar 2018 auch in die Stadtverordnetenversammlung eingebracht. Möglicherweise wären bereits zu diesem Zeitpunkt Zweifel angebracht gewesen, ob die Berechnungen der mehrere Jahre alten Machbarkeitsstudie überhaupt noch Grundlage für das Projekt sein können.

Auslöser für das Gespräch mit Zukunft Schierstein

Das Gespräch am 21. Januar 2020 fand statt, nachdem sich die Initiative „Zukunft Schierstein“ im Oktober 2019 mit einigen Fragen zum Osthafen an Oberbürgermeister Mende gewendet hatte. Das Stadtplanungsamt lud daraufhin ein zum „Informationsaustausch zu aktuellen Stadtentwicklungsprojekten in Wiesbaden-Schierstein“.

Hauptthema des Termins war außer den Schulbauprojekten Hafenschule und Erich Kästner-Schule auch die Planung der Stadt zur Bebauung des Geländes am Osthafen. Hierzu wird Zukunft Schierstein in einem Folgebeitrag bis Ende dieser Woche (24. Januar) Informationen veröffentlichen.

Bericht: Christina Kahlen-Pappas