Die zuständige Denkmalschutzbehörde hat das Rheingaupalais, in das die Erich Kästner-Schule im Jahr 2030 nach einem Umbau umziehen soll, jüngst untersucht. Dabei sei aufgefallen, dass einige Umbauten im Gebäude durch die bisherigen Nutzer, die dort ab dem Jahr 2010 Büros eingerichtet hatten, wohl nicht ganz denkmalschutzkonform umgesetzt worden seien. Konkret entdeckten die Denkmalschützer nun hinter Leichtbauwänden denkmalschutzwürdige Innenwände, berichtete ein Vertreter des Schulamtes bei der Sitzung des Ortsbeirats am Mittwoch, 5. November. Damit habe man so nicht gerechnet. Aber eine Einsparung von 30 Mio. Euro sei realisierbar gegenüber der Sanierung und dem Neubau der EKS am bisherigen Standort in der Zehntenhofstraße. „30 Mio. Euro? Es war doch im Frühjahr 2025 von 50 Mio. Euro Einsparungen die Rede“, hakten die Ortsbeiratsmitglieder nach. Vielleicht habe er auch die Zahlen jetzt nicht so ganz präsent, erwiderte der Vertreter des Schulamtes, der vom Schuldezernenten extra in den Ortsbeirat entsandt worden war, um über den Stand der Dinge bzgl. der Schiersteiner Schulen zu berichten.

Wie berichtet traf die Stadt bereits im Frühjahr dieses Jahres „im Schweinsgalopp“ die Entscheidung, die Erich Kästner-Schule nicht am alten Standort neu zu bauen. Die Planungen für den Neubau der EKS waren damals bereits so gut wie fertig, ein Interimsstandort für die Bauphase gefunden, doch man gehe davon aus, dass die veranschlagten Kosten sich auf 150 Mio. Euro summieren würden, statt der bisher veranschlagten 100 Mio. Euro. Zu teuer, so der Schul- und gleichzeitig Finanzdezernent Schmehl.

Statt Einsparpotenziale durch ein neues Raumprogramm am Standort der EKS zu prüfen, überraschte das Schuldezernat den Ortsbeirat und die Schule zum Jahreswechsel 2024/2025 mit der Nachricht, dass die Wiesbadener Stadtentwicklungsgesellschaft SEG eine Lösung habe: der Erwerb und Umbau des seit Jahren zum Verkauf stehenden mehr als 100 Jahre alten Rheingaupalais an der Söhnleinstraße. Damit könnten 50 Mio. Euro gespart werden.

Die Stadtverordneten entschieden sich mehrheitlich für den Vorschlag von SEG und Schuldezernent, aber damit auch gegen das einstimmige Votum des Schiersteiner Ortsbeirats, der auf die Prüfung von Einsparpotenzialen am Standort drängte und die EKS in der Zehntenhofstraße halten wollte.

Skeptisch war der Ortsbeirat auch, weil die Stadt den Denkmalschutz zum Zeitpunkt der Entscheidung  über den Kauf und Umbau des Rheingaupalais noch nicht mit eingebunden hatte. Zu dieser Skepsis sah der Schuldezernent offenbar keinen Anlass, der bei einer Sondersitzung des Ortsbeirats Ende März 2025 erläuterte, dass nur das Äußere des Palais, Fassade und Fensteranordnung, zu beachten sei. Das Gebäude könne ansonsten entkernt und wie ein Rohling auf die Bedürfnisse des Schulbaus angepasst werden, indem man neue Wände einziehe.

Statt eines Rohlings entdeckte die Stadt nun die denkmalgeschützten Innenwände hinter vorgebauten neuen Wänden. Was das konkret für die Planung der Schule im Altbau Rheingaupalais bedeutet, wie sich das auf die angestrebten Einsparungen auswirkt und ob sich das Schuldezernat nur beim Denkmalschutz verrechnet hat oder es vielleicht noch andere Überraschungen in dem riesigen alten Gebäude zu entdecken gibt, werden wir sicher irgendwann erfahren.

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