Eine Fläche westlich der Kleinaustraße im Trinkwasserschutzgebiet II könnte als zeitlich befristeter Ausweichstandort für die Erich Kästner-Schule während deren Neubau am alten Standort dienen. Doch dazu müsste das Regierungspräsidium Darmstadt zunächst eine Ausnahmegenehmigung erteilen. Das wiederum setzt natürlich voraus, dass die Stadt Wiesbaden beim RP um genau diese Ausnahmegenehmigung bittet. Bisher hat die Stadt eine solche Anfrage aber offenbar ganze 13 Monate nachdem der Ortsbeirat Schierstein die Verwaltung darum gebeten hatte, noch nicht schriftlich beim RP eingereicht.

“Schriftliche Informationen zur … Interimslösung liegen bislang dem RP nicht vor”,

zitiert der Wiesbadener Kurier am 25. Februar 2023 aus einer Antwort des Regierungspräsidiums Darmstadt. Weiter heißt es im Kurier:

„Laut Regierungspräsidium gab es seit Dezember [2022] mit der Stadt keinen Kontakt mehr. Man habe zwar mit der von der Stadt beauftragten WiBau telefoniert und das RP verweist auf eine Videokonferenz mit vielen Beteiligten im Dezember, seitdem aber habe man nichts mehr gehört. … Deshalb habe das Regierungspräsidium auch noch keine Befreiung von möglichen Schutzverordnungen treffen können.“

Wie kann das sein? Seit Ende 2021 ist klar, dass die Erich Kästner-Schule an ihrem Standort neu gebaut werden soll. Seitdem ist auch klar, dass die Schule in der Bauzeit von ihrem angestammten Platz zwischen Zehntenhof- und Kleinaustraße weichen muss. Der Ortsbeirat wurde von der Stadt gebeten, mögliche Interimsstandorte für die Auslagerung der Schule zu nennen.Das Schulamt selbst schlug bereits Ende 2021 einen Standort westlich der Kleinaustraße vor: Festplatz (A und B), Wäldchen (C) oder der Acker (D) an der Söhnleinstraße wurden genannt. Direkt im Januar 2022 bat der Ortsbeirat Schierstein, die Verwaltung, den Festplatz an der Kleinaustraße als Interimsfläche für die Auslagerung der Erich Kästner-Schule sowie der Hafenschule vorzusehen. „Der Ortsbeirat bittet um schnelle Klärung ob der Standort möglich ist. Für den Fall, dass dieser Standort nicht möglich wäre, sollten zeitnah alternative Standorte gemeinsam besprochen werden“, hieß es im Beschluss des Ortsbeirats vom 26. Januar 2022.

Nicht „zeitnah“, sondern erst geschlagene 11 Monate später wurde der Ortsbeirat zu einer Videokonferenz mit den „Beteiligten zum Thema“ eingeladen: Schulamt, WIBau, Architekturbüro BLFP, Umweltamt und eine Vertreterin des RP waren anwesend, als am 13. Dezember 2022 über einen Interimsstandort für die Schulen gesprochen werden sollte. Doch statt einer Antwort auf die drängende Frage, ob der Ausweichstandort im Wasserschutzgebiet möglich ist, präsentierte das Architekturbüro eine ausführliche „Machbarkeitsstudie“ zu möglichen Standorten. Allein vier davon im Trinkwasserschutzgebiet II. Laut Schulamt waren dies die einzigen realistischen Optionen. Doch ob es dafür eine Genehmigung geben könnte, das hatte ganz offenbar noch niemand beim RP angefragt (siehe unseren Beitrag vom 15. Dezember 2022: https://zukunft-schierstein.de/noch-kein-ausweichstandort-fuer-die-eks/).

Eine Vertreterin des Regierungspräsidiums bekräftigte daher nur die aktuelle Rechtslage bzgl. des Trinkwasserschutzgebiets II. Sie wies zudem auch darauf hin, dass das Gebiet westlich der Kleinaustraße eine „altlastverdächtige Fläche“ sei. Auch dies könne zu erheblichen Einschränkungen für die Eignung als Interimsfläche führen. Eine weitere Hürde für eine Genehmigung des Interimsbaus, bei dessen Befestigung im Boden Schadstoffe freigesetzt werden könnten. Diese Problematik gilt nicht nur für die Festwiese, sondern auch für das Wäldchen. Allein der Acker an der Söhnleinstraße liegt „nur“ im Trinkwasserschutzgebiet II, aber nicht im Altlastgebiet.

Dreh- und Angelpunkt ist und bleibt: Wann fragt die Stadt Wiesbaden offiziell und schriftlich an, ob das RP eine Genehmigung erteilt?

Bei der Stadt hieß es dazu laut Wiesbadener Kurier:

“Seitens der Stadt/WiBau sagt man auf Anfrage, das RP sei ‘durchgängig eingebunden’.”

Trotzdem ist die alles entscheidende Frage nach der Genehmigung noch nicht beantwortet – wenn sie denn überhaupt gestellt wurde.

Auch hier gilt frei nach der Sesamstraße: „Wer nicht fragt, bleibt dumm“ bzw. für die Älteren unter uns „Wer fragt, gewinnt“. Bisher gibt es in dieser Angelegenheit aber leider nur Verlierer – und das sind ganz klar die Schulgemeinschaften von Erich Kästner-Schule und Hafenschule, die schon seit zehn Jahren auf ihre dringend notwendigen Sanierungen und Erweiterungen warten.