Mitglieder der Initiative Zukunft Schierstein nach der Kundgebung von Fridays for Future

Die Fridays for Future Ortsgruppe Wiesbaden hatte Zukunft Schierstein eingeladen, die Initiative und ihre Themen bei der Kundgebung am 31. Juli 2020 auf dem Dernschen Gelände in Wiesbaden vorzustellen.

Ein Video dazu gibt es hier.

Die komplette Rede hier:

Wie der Name der Initiative schon sagt, kümmern bzw. sorgen wir uns um die Zukunft Schiersteins. Das klingt auf den ersten Blick für viele von Euch, die vielleicht gerne ihre Freizeit am Hafen verbringen, wie ein Luxusproblem. Es ist ja so schön bei uns: der Hafen, die Promenade, die tollen Sonnenuntergänge… Wieso ausgerechnet da Sorgen um die Zukunft machen.

Aber gerade das Gebiet am Hafen in Schierstein ist besonders vom Klimawandel betroffen. Ihr kennt alle die KLIMPRAX-Studie. Die KLIMPRAX-Studie zeigt, dass die Erwärmung in den nächsten Jahren von 2031 bis 2060 – so lange ist es bis dahin gar nicht mehr – besonders das Rheintal betrifft. Also die Rheinschiene von Kostheim, Kastel, Amöneburg, Biebrich rheinabwärts bis nach Schierstein.

In diesem Gebiet bescheinigt uns die KLIMPRAX-Studie eine Zunahme der Tropenächte auf im Mittel 25 bis 30 Nächte pro Jahr – also gut ein Monat pro Jahr wird nachts unerträglich heiß sein. Ähnlich sieht es mit heißen Tagen aus, an denen Temperaturen von mehr als 30 Grad herrschen werden – so wie heute.

Was das für die Wohn- und Lebensqualität der Menschen in den betroffenen Ortsteilen bedeutet, was das für deren Gesundheit bedeutet, muss ich Euch nicht erklären.

Dass Schierstein besonders betroffen ist, liegt nicht nur an seiner Lage am Rhein. Es liegt vor allem auch daran, dass der Ortskern fast komplett dicht zugebaut und versiegelt ist. Schierstein ist darum eine „Wärmeinsel“, tagsüber staut sich die Hitze und nachts kann sie nicht entweichen, da Steine und Beton sie speichern.

Wir müssen also handeln.

Handeln muss im Fall Schiersteins logischerweise heißen, alles an freier, unbebauter bzw. unversiegelter Fläche zu retten, was noch da ist. Und das ist nicht viel.

Im Ortskern ist das fast nichts – außer einem kleinen Park und einer Wiese, die von der Grundschule und nachmittags von den Kindern in Schierstein genutzt werden kann. Am besonders von der Hitze betroffenen Gebiet am Hafen, existieren nur noch an den Rändern des Hafens Freiflächen – wobei nur die im Westen in Richtung Walluf unterhalb der Festwiese öffentlich nutzbar sind.

Genau am anderen Rand des Hafens – im Osten – ist zwar seit 1980 vorgesehen eine öffentliche Grünfläche einzurichten, aber den dazu bestehenden Plan will die Stadt jetzt ändern und direkt am Ufer bis zu acht Stockwerke hohe Bürogebäude bauen. Bis zu 90 % der Fläche sollen versiegelt werden. Dagegen haben schon vor zehn Jahren Menschen aus Schierstein 3.500 Unterschriften gesammelt.

Als wäre das nicht genug, plant die Stadt, die Erich Kästner-Schule auf einem bisher landwirtschaftlich genutzten Feld westlich des Hafens neu zu bauen. Und zwar mitten im Trinkwasserschutzgebiet und einem potentiellen Kaltluftentstehungsgebiet. Dabei wäre auf dem jetzigen Gelände der Erich Kästner-Schule genügend Platz für einen Neubau dieser Schule. Auf einen kleineren Teil dieses Schulgeländes soll aber die Grundschule ziehen, die dann ihre Schulwiese verlöre. Auf dem restlichen Terrain sollen Wohnungen gebaut werden Auch dieser Umzug geschieht ohne Not, denn wir sind überzeugt, dass die Grundschule an ihrem bisherigen Standort ebenso erneuert und erweitert werden könnte.

Hört sich alles kompliziert an, darum nochmal einfach gesagt:

  • Im bereits dicht bebauten Ortskern von Schierstein werden mittelfristig noch die allerletzten freien Flächen komplett zugebaut und versiegelt.
  • Größeren Freiflächen am westlichen und östlichen Rand des Hafens werden ebenfalls bebaut.
  • Trinkwasserschutz- und Kaltluftentstehungsgebiete sind verhandelbar.
  • Wir haben dann endgültig eine Steinwüste am Wasser.

Das müssen wir verhindern!

Darum setzt sich die Initiative Zukunft Schierstein für den Erhalt dieser Flächen ein. Und zwar nicht nur im Interesse der Menschen, die in Schierstein wohnen. Der Hafen ist ein wichtiges Naherholungsgebiet für ganz Wiesbaden. Das haben wir gerade in den vergangenen Monaten während der Corona-Beschränkungen gemerkt. Und dieser Trend wird sich mit dem Klimawandel noch verstärken. Die Menschen unserer Stadt suchen – besonders an heißen Sommertagen – immer stärker nach Möglichkeiten, um durchzuatmen. Bislang geht das noch am Schiersteiner Hafen – auch wenn die Flächen jetzt schon – vor allem am Wochenende – überlaufen sind.

Wir brauchen hier also keine Bürostadt am Hafen, sondern mehr freie echte grüne Fläche nutzbar für uns alle! Keine begrünten Dächer, sondern grüne Wiesen und Bäume.

Als Vergleich: Auch Biebrich ist zum Großteil stark und dicht bebaut, hat aber zumindest als „grüne Lunge“ den Schlosspark – ebenfalls Naherholung für uns alle. Stellt Euch vor, der Schlosspark würde zugebaut. Der Aufschrei wäre groß! Das Drama in Schierstein ist nicht geringer, als es in Biebrich wäre. Nur dass es hier um mehrere kleinere, weit weniger bekannte Flächen geht, die aber aus klimafunktionaler Sicht genauso dringend erhalten werden müssen wie der Biebricher Schlosspark.

Wir fordern darum alle Parteien und Fraktionen auf, endlich Farbe zu bekennen, wenn es um unser Stadtklima geht. Wenn es Euch, den Parteien und Fraktionen, ernst ist mit der Sorge um unser Stadtklima und wenn der Klimanotstand, den die Stadtverordneten vergangenes Jahr beschlossen haben, nicht nur Etikettenschwindel ist, dann darf kein einziges Projekt in unserer Stadt mehr beschlossen werden, ohne Berücksichtigung der Ergebnisse der KLIMPRAX-Studie.

Dafür setzt sich die Initiative Zukunft Schierstein ein – und dafür hoffen wir auch auf Eure Unterstützung.