Mit einem gesteigerten Wohnraumbedarf begründet die Stadt Wiesbaden unter anderem die geplante Bebauung des Westfelds zwischen Schierstein und Dotzheim. Doch werden in Wiesbaden tatsächlich mittelfristig neue Wohngebäude auf der jetzt noch grünen Wiese benötigt? Zweifel daran haben nicht zuletzt die sinkenden Vorausberechnungen des Statistischen Landesamtes (HSL) gesät.

Oberbürgermeister Gert-Uwe Mende will trotzdem keine Wohnraumbedarfsprognose für Wiesbaden in Auftrag geben. Dabei hatte er genau das noch Anfang 2023 als Reaktion auf die Vorausberechnungen des HSL zum Bevölkerungsrückgang in der Landeshauptstadt Wiesbaden versprochen.

In einem Antwortschreiben an den Ortsbeirat Schierstein führt er aus, die Stadt Wiesbaden orientiere sich an dem „Rahmen, den die Regionalplanung vorgibt“. Dazu gehöre die vorliegende Wohnraumbedarfsprognose des Institut Wohnen und Umwelt (IWU). Aus Sicht der Verwaltung der Stadt Wiesbaden bestehe „keine Veranlassung, an der Belastbarkeit der IWU-Studie von 2020 als Arbeitsgrundlage“ für den neuen Wiesbadener Flächennutzungsplan „zu zweifeln“.

Im Frühjahr 2023 hatte der Oberbürgermeister sich hierzu noch ganz anders geäußert. Damals hatte er als Reaktion auf die Vorausberechnungen des Statistischen Landesamtes (HSL) zum Bevölkerungsrückgang in der Landeshauptstadt Wiesbaden mehrere Untersuchungen angekündigt – unter anderem auch eine Aktualisierung der Wohnraumbedarfsprognose. Im Wiesbadener Kurier wurde er hierzu mit den Worten zitiert, dass er das Institut Wohnen und Umwelt (IWU) in Darmstadt beauftragen werde, „die Wohnraumbedarfsprognose zu aktualisieren und dabei die Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Landesamts zu berücksichtigen”. Anlässlich einer „VorOrt auf Tour”-Veranstaltung des Wiesbadener Kuriers am 26. April 2023 in Dotzheim wiederholte Oberbürgermeister Mende die Ankündigung, eine neue Wohnraumbedarfsprognose für Wiesbaden zu beauftragen.

Inzwischen lehnt der Oberbürgermeister aber ab, dass die Stadt Wiesbaden sich diese neue Datengrundlage aus eigenem Antrieb beschafft. Auch auf die bereits seit Jahren bestehende Kritik aus der eigenen Verwaltung an der Verwertbarkeit der IWU-Studie geht Mende in seinem Antwortschreiben nicht ein. Dies obwohl der Ortsbeirat Schierstein ihn hierauf in seiner Anfrage ausdrücklich hingewiesen hat: Das Amt für Strategische Steuerung, Stadtforschung und Statistik (heute: Amt für Statistik und Stadtforschung) der Landeshauptstadt Wiesbaden hatte die „Aussagekraft der Expertise der IWU“ in einer Stellungnahme als beeinträchtigt und „die Ergebnisse als stark verzerrt“ bezeichnet (Seite 1 der Stellungnahme). Der Ortsbeirat Schierstein hatte darum in seinem Antrag klargestellt: „Die Verlässlichkeit der IWU-Prognose 2020 als Datengrundlage für die Neuaufstellung des Flächennutzungsplans für ganz Wiesbaden – und damit auch für die Perspektivfläche West (Westfeld) – wirft also viele Fragen auf, die unbedingt vor allen weiteren Entscheidungen im Rahmen der Neuaufstellung des Flächennutzungsplans geklärt werden müssen.“

Eine Klärung dieser Fragen scheitert indes an der Haltung des Oberbürgermeisters.